7 Marken

Es ist kaum zu glauben, wie viele verschiedene Marken es auf dem Gebiet des Maßstabes 1:87 gibt. Hier möchte ich nur die wichtigsten Sammlermarken herausgreifen, vor allem unter dem Aspekt der Sammelwürdigkeit.

Wiking
Zu den begehrtesten Modellen überhaupt zählen heute die Modelle der späten 1940er und 1950er Jahre der Marke Wiking. Die ganz frühen Modelle, Jeep mit integriertem Reserverad, Sportzweisitzer, Horch 850, Schräghecklimousine, Mercedes Diesel Lkw, Stromlinienbus T 7 und so weiter, sind in so geringer Stückzahl produziert worden, dass ihre Seltenheit allein die drastischen Preise rechtfertigt. 

Wiking Werbung aus dem Jahr 1954

Etwas anders sieht es mit der beginnenden Massenproduktion bei Wiking ab etwa 1950 aus. Diese Modelle sind nun nicht mehr absolut selten. Die Preise der "Drahtachser" und "Unverglasten" sind durchaus nicht astronomisch, auf jeder halbwegs guten Börse sind einige von ihnen zu sehen und zu kaufen. Bei Spezialitäten in gutem Erhaltungszustand gilt dies wiederum keineswegs. 

Besonders begehrt sind bei Sammlern die verglasten Modelle der 1960er Jahre. Die Stahlformen dieser Ära wurden in Berlin jedoch sorgfältig aufbewahrt und sind heute noch alle vorhanden, nach dem Umzug der Firma jedoch in Lüdenscheid. Gelegentlich hat Wiking die alten Formen noch einmal benutzt, z.B. für die Firma Pola, die ihre Häuserbausätze mit solchen nachproduzierten Wikingmodellen ergänzte. So tauchten sozusagen offizielle Repliken des Hanomag Kurier, Mercedes-Benz L 1413 Abschleppwagen usw. wieder auf.
Auch die Modelle der 1970er Jahre sind schon absolut sammelwürdig. Nach meinem Eindruck erreichten sie keine hohen Auflagen mehr und sind dadurch zwar nicht selten, aber ein bißchen knapp. Modelle der 1980er Jahre sind im Gegensatz dazu reichlich vorhanden, nur wenige Spezialitäten erreichen schon interessante Werte.

Wiking Modelle bilden auf jeder Börse sozusagen den harten Kern, sie werden von den meisten Sammlern geschätzt und erzielen die höchsten Preise.

Aber:

Die in den letzten Jahren zu beobachtende Zweitverwertung alter Stahlformen durch die jetzigen Inhaber des Berliner Traditionsherstellers ist für ernsthafte Sammler enttäuschend. In immer kürzeren Abständen werden Modelle nachproduziert, für die man früher auf Börsen Unsummen hat ausgeben müssen. Wenn die Nachproduktion in diesem Umfang fortgeführt werden wird, kann es sein, dass immer mehr Sammler der Firma Wiking den Rücken kehren.

 Herpa

Gemessen daran, dass es Herpa Modelle erst seit 1978 gibt, ist die Sammlergemeinde schon riesig. Bei den neuen Modellen dürfte Herpa ohnehin zur Zeit die unangefochtene Nummer Eins sein. Auf jeder Börse werden ungemein viele Herpa Modelle angeboten. Aber wie sieht es mit den Wertsteigerungen aus?

Hier zeigt sich ein ganz anderes Bild als bei Wiking. Das Herpa Produktionsprogramm ist dermaßen breit gefächert, dass kaum jemand in der Lage ist, eine komplette Sammlung anzulegen. Die Herpa Sammler konzentrieren sich auf bestimmte Teilsortimente. Das Sammeln der Vitrinenmodelle ("Private Collection" Serie) ist ein solcher Teilbereich. Ganz besondere Wertschätzung genießt die erstmals 1989 erschienene DTM Kollektion, die die Rennsportwagen der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft und die Renntransporter im Maßstab 1:87 darstellt. Gerade die erste Serie erzielt schon heute sehr beachtliche Preise, denn es war damals schon nicht leicht, den kompletten Satz zu bekommen. Auch einzelne Pkw Modelle im Rallye "Outfit" liegen wertmäßig deutlich höher als ihre unauffälligeren Grundmodelle. Der Porsche 930 Turbo, nur 1982 angeboten, wird besonders hoch notiert.

Daf 95 Sattelzug

Bei Herpa spielen Bedruckungen, ob auf Pkw, Lkw oder Vitrinen, eine ganz besondere Rolle. Die Lkw Werbemodelle werden von besonders vielen Sammlern geschätzt, aber das Angebot ist fast unüberschaubar groß. Hier wird man sich wiederum spezialisieren müssen.
Da anzunehmen ist, dass alle Stahlformen und Druckvorlagen noch vorhanden sind, sollte man insgesamt vorsichtig sein bei allzu hohen Preisforderungen.

Brekina
Erst seit 1980 gibt es Brekina Modelle, und dennoch werden sie gern gesammelt, wobei die Preise noch bezahlbar sind. Bei Brekina begann man mit Oldtimern aus den 1930er Jahren, heute liegt der Schwerpunkt bei den 1950er und 1960er Jahren, weil viele Eisenbahnfreunde diese Epoche ebenfalls ganz besonders schätzen.
Die höchsten Werte erreichen bedruckte Exemplare, deren Auflage nicht allzu groß war, z.B. die Vorserienmodelle. Selbst diese Spitzenmodelle liegen aber noch im Bereich zwischen 50 und 100 Euro.

Die übrigen Hersteller nach den "großen Drei" folgen nun in alphabetisch geordnet:

Anguplas

Von 1958 bis 1966 bot der spanische Hersteller eine Fülle von zeitgenössischen Pkw und Lkw an, die auch heute noch kleine Kunstwerke darstellen. Anguplas hatte sogar einige Oldtimer im Programm. Später wurden die Modelle zum großen Teil von Eko nachproduziert, verloren aber stark an Qualität. Anguplas Modelle erzielen heute hohe Sammlerpreise, obwohl der Kreis der Sammler in Deutschland sehr klein ist. Einige Anguplas Modelle leiden unter verzogenen Kunststoffteilen. Interessant sind auch die Verpackungen.

 

AWM

Aus Selb kommt Jahr für Jahr eine riesige Anzahl an Lkw-Modellen, und zwar nicht nur eine Fülle verschiedener Zugmaschinen, sondern auch eine interessante Variationsbreite bei den Anhängern, Aufliegern und Aufbauten. Busse spielen bisher nur eine bescheidene Nebenrolle, auch bei den kleineren Nutzfahrzeugen ist das Sortiment schmal. Lediglich Pkw sind zahlreicher vertreten, wenn auch bei weitem nicht in dem Umfang wie beispielsweise bei den direkten Konkurrenten Herpa, Wiking oder Rietze. Die Modelle sind von absolut guter Qualität, das gilt auch für die Bedruckungen. Es ist jedoch schwer zu beurteilen, wie groß die Sammlergemeinde ist. Es gab für Lkw-Modelle jedenfalls schon bessere Zeiten.

 

Busch

Als Hersteller von Modellbahnzubehör zählt Busch zu den bekanntesten Firmen überhaupt. Man war etwas erstaunt über das Wagnis, die konkursreife Marke Praliné zu übernehmen, aber was Busch in wenigen Jahren aus dem Sortiment gemacht hat, nötigt Respekt ab. Die teilweise angestaubten Praliné-Modelle wurden geschickt aufgewertet und vermarktet und durch eine glückliche Auswahl bei den Neuheiten ergänzt. Busch strebt das Hochpreis-Segment an, der Kunde bekommt dafür Modelle, die das Besondere bieten. Sammler sind jedoch konservativ und tasten sich nur zögerlich an Busch-Modelle heran, als Modellbahnzubehör spielen die Produkte eine größere Rolle. Es ist der Firma inzwischen gelungen, durch ausgesprochen geschickte Auswahl der Vorbilder die Erwartungen der Kunden zu erfüllen. Weil die Modellautos in den neuen Bundesländern hergestellt werden (und nicht in China!) wurde das Sortiment um Vorbilder aus der ehemaligen DDR bereichert. Auch landwirtschaftliche Themen wurden in eindrucksvoller Weise berücksichtigt.

 

Epoche

Ernst Plattner wagte nach vielen Berufsjahren im Modellbausektor den Sprung in die Selbständigkeit. Zunächst beruhte das Sortiment auf einem einzigen Grundmodell,  einem Tempo Lieferwagen, der in zahlreichen Aufbauvarianten erschien, immer nach Originalvorbildern gestaltet. Dann wurde das Programm vorsichtig erweitert, wobei der Ur-Unimog sensationell gut gelang, bis heute ist er das einzige Unimog-Modell im H0-Sektor, das die Portalachsen des Vorbildes ins Modell umsetzt. Zweites Standbein wurde die Nostalgie-Serie, die das Holzspielzeug aus dem Erzgebirge zum Thema hat. Alle Erzeugnisse der Mannheimer Firma werden in Deutschland entwickelt und produziert.

Espewe

Von 1961 an gab es die Modellautos aus Annaberg-Buchholz (DDR), die heute bei Sammlern hochbegehrt sind. Besonders die Modelle aus den 1960er Jahren waren sehr gut gemacht und in mancher Hinsicht den Modellen von Wiking sogar überlegen. Ein großer Teil der Formen ist noch vorhanden und wird heute noch von s.e.s genutzt. Deshalb werden vor allem die Modelle hoch bewertet, deren Formen nicht mehr vorhanden sind.

Im Rahmen der DDR-Nostalgiewelle hat auch das Sammeln von DDR-Modellautos einen enormen Aufschwung bekommen. Daher erzielen einige der Spezialitäten Spitzenpreise, während das Massensortiment kaum nennenswerte Wertsteigerungen erlebt hat.

 

JGES

Die Bakelitmodelle aus Theuern in Thüringen waren mit die ersten nach dem Krieg. Der Hersteller von Schleifmitteln (hier bildet Bakelit die Basis) fertigte das "Spielzeug" nebenbei, um die Pressmaschinen auszulasten. Wir Sammler verdanken dieser Tatsache ein abgeschlossenes Sammelgebiet uriger Modellautos in wunderschönen Farben. Leider sind die kleinen Kostbarkeiten nicht mehr als Sonderangebote zu betrachten.

 

Lego

Vauxhall Victor Estate

Modellautos des dänischen Plastikbausteinherstellers werden leidenschaftlich gesammelt. Es handelt sich um ein abgeschlossenes Sammelgebiet, da es die Modelle nur in den 1960er Jahren gegeben hat. Es ist also möglich, vollständige Lego-Sammlungen anzulegen, denn die Gesamtzahl ist nicht sehr hoch. Bei selteneren Modellen muss man aber tief in die Tasche greifen, z.B. beim Vauxhall Victor Estate (Kombi). Leider ist so manches Modell auf Grund der Eigenheiten des Kunststoffmaterials verzogen!

 

Matchbox

Erstes Matchbox Inserat in Deutschland (1956 in „Das Spielzeug“)

 Die Serie 1-75 hat ihren Namen der Tatsache zu verdanken, dass es immer 75 Modelle gleichzeitig im Sortiment gab. Wenn ein Modell aus dem Katalog gestrichen wurde, erhielt ein neues dessen Nummer. Im Maßstab sind die Matchbox größer als H0, aber so manches Modellvorbild ist auch für den Sammler von 1:87 Modellen interessant, vor allem die schönen US-Limousinen der 1960er Jahre. Leider ist das Gesamtprogramm etwas uneinheitlich, die Lkw und Baumaschinen sind meistens zu klein. Matchboxmodelle haben eine sehr große Fangemeinde rund um den Globus. Das Preisniveau für gut erhaltene Modelle liegt hoch, weil die meisten Modelle bespielt wurden und infolgedessen mehr oder weniger starke Lackschäden aufweisen. Andererseits ist zu beachten, dass nahezu alle Matchbox Modelle Auflagen in Millionenhöhe erreicht haben!

 

Norev
Besonders begehrt sind die Kunststoffmodelle aus den 1960er Jahren nach vorwiegend französischen Modellvorbildern. In Deutschland trifft man sie nur gelegentlich und auch schon recht hoch bewertet. Eine Komplettsammlung ist auch hier möglich, wobei es schwierig sein wird, die Lkw- und Busmodelle zu bekommen. Es gibt zwar Listen, die alle Modelle aufführen, die es gegeben hat, regelrechte Sammlerkataloge gibt es aber nicht. Leider ist das Kunststoffmaterial der Norev-Modelle extrem lichtempfindlich, so dass sie viele Modelle angeboten bekommen, die Verformungen aufweisen, z.B. einen "Katzenbuckel" bei Busmodellen. 

Aber: 

Ab dem Jahr 2000 begann Norev damit, die  alten Formen zu reaktivieren. Nahezu alle Modelle sind nun wieder zu bekommen, etwas besser in der Verarbeitung als damals und vor allem aus besserem Kunststoff hergestellt. Warum also sollte man jetzt noch alte Norev Modelle sammeln?

Kleine Norev-Auswahl

 

Praliné
Seit etwa 1982 gibt es diese Marke (heute "Busch") und fast alle Modelle sind noch im Programm, das sehr breit gefächert ist. Ruck/Flühs führen in ihrem Katalog (Stand 1987) die Modelle auf. Vielleicht sind die Praliné Modelle in Zukunft interessant, aber bisher spielen sie bei Sammlern nur eine Nebenrolle.

Qualität unterschiedlich: misslungener Transit, guter Thunderbird

 

Rietze
Lothar Rietze schickte 1983 eine Kollektion japanischer Pkw ins Rennen, die schon recht gut gemacht waren. Die vermeintliche Marktlücke erwies sich jedoch als zu klein. Rietze ist es seither gelungen, mit aktuellen Pkw und Bussen in sehr hoher Qualität zu einer ernsthaften Konkurrenz für Herpa und Wiking zu werden. Als Sammlermodelle können sie jedoch mit diesen Marken noch nicht verglichen werden. Die Busmodelle haben in der Szene schon ihren Platz erobert, einige seltene Stücke erreichen interessante Preise. Lkws spielten trotz des unglaublich guten IVECO EuroTech und seines Nachfolgers Stralis nur eine Nebenrolle. 2004 überraschten die Altdorfer mit hervorragenden Feuerwehrmodellen. Auch weitere Geniestreiche wie der Citroen NN Oldtimer oder die Lindner Allradfahrzeuge kamen bei den Sammlern gut an. Leider ist Rietze im Fachhandel zu wenig vertreten.

 

Roco
Die Roco "Minitanks" Militärmodelle in 1:87 sprechen einen kleinen Kreis von Sammlern an. 1980 erfolgte die Herausgabe von zivilen Modellen unter der Marke "Roco Miniatur Modelle". Die bekannt gute Qualität der Militärmodelle führte zu einer guten Aufnahme auch des davon abgeleiteten zivilen Sortiments. Es ist aber in sich etwas uneinheitlich und vielleicht deshalb sammeln nicht allzu viele Modellfreunde gezielt Roco Modelle. 2005 war die Firma dann konkursreif, die Modellle der "Minitank"-Serie werden heute von Herpa vertrieben, vielleicht tauchen die zivilen Rocos auch irgendwann wieder aus der Versenkung auf..

 

Roskopf
Die Roskopf Militär Modelle (RMM) im Maßstab 1:100 werden ernsthaft gesammelt, wobei die Sammlergemeinde nicht allzu groß sein dürfte. Die zivilen Modelle in 1:87, beginnend mit dem interessanten Saurer Lkw, gibt es erst seit 1982. Nur einige Modelle sind schon wertmäßig interessant, solche mit seltenen Aufdrucken. Die sehr schöne Nostalgieserie könnte in der Zukunft, gerade weil der Verkaufserfolg nicht so riesig war, von Bedeutung werden. Seit Roskopf zur Sieper-Gruppe gehört (Siku, Wiking) spielen die Modelle nur noch die Rolle einer Ergänzung des Wiking-Sortiments.

Die Roskopf-Armeemodelle hatten den Maßstab 1:100

Schuco
Die "Piccolo" Serie (M 1:90) konnte sich in den 1960er Jahren auf dem Markt nie so recht in Szene setzen, dafür waren die schweren Metallmodelle zu hässlich. Damals waren sie gegenüber den Wikingmodellen chancenlos, als Spielzeug zu teuer. Der Mythos des Namens Schuco färbte jedoch  auch auf die Piccoloserie ab. Der Kreis der Sammler war klein, aber die Preise lagen ausgesprochen hoch. 

Aber: 

Seit 1996 wurden einige Modelle der Serie neu aufgelegt, und zwar mit durchschlagendem Erfolg. Nostalgische Gefühle werden es wohl sein, die es dem neuen Schuco-Inhaber ermöglichen, aus den alten Formen eine Goldgrube zu machen. Das heutige Interesse an der Piccolo-Serie ist bedeutend größer als in den 1960er Jahren. Das hat die Inhaber ermutigt, neue Modelle im alten Stil aufzulegen. So überflutet nun eine Nostalgiewelle technisch veralteter aber putziger Piccolos den Sammler.

Man hatte damit soviel Geld verdient, dass ein weiterer Schritt gewagt werden konnte, nämlich die Erweiterung des Sortiments um eine Serie von echten H0-Modellen, und zwar sowohl Pkw als auch Lkw. Die preiswerten Metallmodelle werden in China gefertigt, allerdings nach Schuco-Vorgaben. Für die etablierten deutschen Hersteller wurde die billige Konkurrenz äußerst unangenehm. Herpa reagierte seinerseits mit der preiswerten Magic-Serie.

 

Weitere Marken

Vielleicht sind sie neugierig geworden und möchten wissen, ob es noch mehr Modellautomarken gibt. Und ob! Allein 450 Marken führt "Die Welt der H0-Modelle" auf, das Bändchen ist im Fiedler-Verlag als Sonderheft 10 der "Modell-Auto-Zeitschrift" erschienen ist. Dort finden sie auch ein Anschriftenverzeichnis der Hersteller und Importeure.